Neeken - Patronatskirche

Besichtigung der Kirche, Kontakt vor Ort:
Elke Weinhauer - Telefon 0340-87014534 - Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
Um telefonische Voranmeldung wird gebeten.


Patronatskirche NeekenDer Ort wurde im 30-Jährigen Krieg schwer zerstört, danach schrittweise durch Volrath von Davier wiederaufgebaut, zu dessen Herrschaft Neeken gehörte. Die sehr einheitliche barocke Innenausstattung der Kirche stammt aus dem 17. Jahrhundert. Altar, Kanzel, Gestühl und Emporen sind komplett erhalten. Hinter dem Altar befindet sich eine nur von außen zugängliche Patronatsloge, eine Bronzeglocke stammt aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die Ostwand dieser romanischen Feldsteinkirche wurde in Fachwerk ausgeführt, der Giebel ist verbrettert. Nach dem 30-jährigen Krieg um 1660 wurde der Chor nach Osten verlängert, über dem Westteil befindet sich ein Fachwerkreiter. Die romanischen Fenster des Rechtecksaals sind nur geringfügig verändert worden. Der Innenraum ist flachgedeckt mit dreiseitiger Empore. Der Altar verfügt über einen barocken Aufsatz. Im runden Altarblatt ist die Kreuzabnahme Jesu dargestellt und in der Predella das letzte Abendmahl. Der Altar wird von Säulen und üppigen Akanthuswangen flankiert. Als Bekrönung über dem Gesims ist ein kleines Ovalbild des triumphierenden Christus, gerahmt von reichem vegetabilischem Schnitzwerk zu sehen. Seitlich der Predella befinden sich die Wappen der Stifter und Patronatsherren Carl von Davier und Dorothea von Lattorf. Die Kanzel ist ein Kunstwerk aus barocker Zeit. Auf einer schlanken gedrehten Säule ruht der polygonale Korb. Gleichgestaltet sind die Ecksäulchen am Korb, in deren Feldern vier Evangelisten gemalt wurden. Am Aufgang zur Kanzel befindet sich das Patronatswappen derer von Davier. Vor dem Altar steht die steinerne Taufe aus dem Jahr 1669 auf vierseitigem Fuß. Dazu gehört achteckiges Becken mit Inschriftkartusche zwischen Pflanzenornamenten. Hinter dem Altar befindet sich zweigeschossige Herrschaftsloge. Die Prieche an der Nordwand mit Gitterwerk wurde 1667 von Elisabeth von Davier gestiftet. Gegenüber befindet sich einen weitere Prieche mit Holzbaldachin aus dem Jahr 1668. Weitere Sehenswürdigkeiten sind ein Epitaph von V. von Davier (gestorben 1663), ein rundes Porträt in gemaltem Fahnenkranz, der Grabstein Asmus von Davier (gestorben 1561), das Asmus von Davier kniend vor dem Kruzifixus abbildet. Seit 2007 begannen Sanierungsarbeiten. Die Kirche bekam eine Drainnage gegen aufsteigende Feuchtigkeit, 2008 wurde das KIrchendach neu eingedeckt und bis April 2015 konnten die Innensanierungsarbeiten abgeschlossen werden. Am Ostermontag 2015 wurde die Kirche wieder in den Dienst Gottes und der Gemeinde gestellt. Eine Ausstellung in der Herrenloge informiert über die Sanierungsmaßnahmen. Im Mai 2015 wurde die Kirche mit einer Orgel der Firma Kapischke/Bernburg (fünf Register, angehängtes Pedal) ausgestattet, die ursprünglich im Gemeindesaal der Ev. Kirchengemeinde St. Marien Zerbst-Ankuhn stand.


Dr. Holger Brülls (Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt)
Zur bau- und kunsthistorischen Bedeutung der Kirche aus denkmalpflegerischer Sicht:

Die Neekener Kirche gehört zu den interessanten romanischen Dorfkirchen der Kunst- und Kulturlandschaft rund um Dessau. Im Unterschied zur Kirche im Nachbardorf Rodleben, deren mittelalterliche Kubatur und Raumgestalt weitgehend ungestört erhalten geblieben ist, zeigt das Neekener Gotteshaus markante bauliche Veränderungen aus nachmittelalterlicher Zeit. Umbau und Neugestaltung seit der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts gaben der mittelalterlichen Kirche ein indivuelles frühbarockes Gepräge, das von der klassischen Baugestalt hiesiger hochmittelalterlichen Dorfkirchen charakteristisch und reizvoll absticht. Die Kirche ist ein langgestreckter, vergleichsweise schmaler und hoher, innen flachgedeckter Saalbau aus Feldsteinen in schmucklosen romanischen Architekturformen. Presbyterium und halbrunde Chorapsis, wie sie in Rodleben erhalten sind, fehlen in Neeken. Sie wurden offensichtlich im Zuge des barocken Ausbaus der Kirche im 17. Jahrhundert durch die damals geschaffene Verlängerung des Kirchensaals um ein Drittel nach Osten ersetzt. Der Kirchenraum hat seither nach Osten einen flachen Raumabschluss. Die leicht eingerückte Chorostwand ist in Fachwerk aufgeführt. Der ebenfalls in Fachwerk ausgeführte Dachreiterturm, der den Westgiebel bekrönt und in dem eine wertvolle spätmittelalterliche Bronzeglocke aus der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts hängt, entstammt ebenfalls der barocken Umbauphase. So zeigt sich heute der westliche Teil der Kirche mit seinen hochliegenden und schmalen Rundbogenfenstern noch in weitgehend ursprünglicher Baugestalt der Romanik, während das östliche Raumkompartiment mit seinen großen Fenstern als barocke Saalarchitektur erscheint. Baugestalt und Ausstattung, wie sie heute vor Augen stehen, verdankt die Neekener Kirche Stiftungen der Patronatsherrschaft Derer von Davier. Im Kirchenschiff ist die Geschichte des Patronats durch das Renaissancepitaph des Asmus von Davier von 1561 (mit Darstellung als Ritter vor dem Kreuz knieend), desweiteren durch einen frühbarocken gemalten Totenschild für Valrat von Davier mit dem Bildnis des 1663 Verstorbenen eindrucksvoll dokumentiert. Die Umgestaltung, die die Kirche seit dem mittleren 17. Jahrhundert erfuhr, machten den mittelalterlichen Raum für die Anforderungen des protestantischen Predigtgottesdienstes brauchbar. Zugleich aber entsprach diese Erweiterung und Neugestaltung dem offensichtlich stark ausgeprägten Repräsentationsbedürfnis der Patronatsherren. Indem der Chor um 1650 unter Valrat von Da vier nach Osten in der Breite des romanischen Saals verlängert wurde, entstand ein lichtdurchfluteter Altarraum mit großen Fenstern, in dem Altar und Kanzel als Prinzipalstücke des evangelischen Gottesdienstes gleichberechtigt beieinander stehen. So wurde aus dem mittelalterlichen Kirchenschiff innen ein barocker Predigtsaal von ganz zeitgenössischem Gepräge. Die Besonderheit der Neekener Kirche besteht in der Tatsache, dass der Raum nicht wie üblich auf drei Seiten U-förmig von Emporen und Priechen umgeben ist. Mit dem doppelgeschossigen logenartigen, von außen separat zu betretenden Aufbau der Herrschaftsemporen an der östlichen Stirnseite hinter dem Altar ist eine raumumlaufende und darin quasi zentralisierende Emporenkirche von repräsentativem, fast höfischem Charakter entstanden, wie sie in dieser Form ansonsten nur in anspruchsvollen Schlosskapellen und -kirchen anzutreffen ist. Beherrschender Raummittelpunkt ist der Altar mit einem Retabel, dem ein als großer Tondo ausgeführtes Altarbild mit der Darstellung einer Kreuzabnahme den Charakter des Außergewöhnlichen gibt. Das Rundbild ist seitlich flankiert von Säulen mit reichem Akanthusschnitzwerk. Auf den Säulenpostamenten befinden sich Wappen der Stifter und Patronatsherren Carl von Davier und Dorothea von Lattorf. Die Altarmensa flankieren zwei geschnitzte Engel mit Palmwedeln. Die künstlerische Durchbildung ist, wie ein Blick auf die drolligen Engel zeigt, im Detail kräftig und ländlich derb. Der architektonische Aufbau und die individuelle Formgebung mit dem großen Rundbild ist jedoch ungewöhnlich und repräsentativ. Seitlich vor der Südwand positioniert, ist die barocke Kanzel auf hoher gedrehter Säule in gleicher Weise raumbestimmend wie der Altar. Die Trias der Prinzipalstücke wird vervollständigt durch eine steinerne Taufe auf vierseitigern Fuß mit achtseitigem Becken und Inschriftkartusche (1669), die die Mittelachse des Raumes einnimmt. Die besondere Bedeutung dieser Dorfkirche ist in der vollständig und reichhaltig erhaltenen Raumform und Ausstattung des Frühbarock zu sehen. Liturgische Notwendigkeit und herrschaftliches Repräsentationsbedürfnis finden hier in seltener Prägnanz zu einem kleinen Gesamtkunstwerk des frühen Barock zusammen. Die bereits in Angriff genommene Sicherung, die denkmalgerechte Instandsetzung und Restaurierung der Neekener Kirche und ihrer wertvollen Ausstattung sind daher als ein wichtiges denkmalpflegerisches Anliegen einzuschätzen. Ihm kommt besondere Bedeutung für die anhaltische Kunst- und Kulturlandschaft zu, wenn diese in ihrem Reichtum künftig auch jenseits der allbekannten und starkbesuchten UNESCO-Welterbestätten wahrgenommen werden will.


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